Toleranz ist mehr als Duldung. Charlie Hebdo und die Folgen

30. August 2015, Erlanger Poetenfest, 12.00 Uhr

Podiumsdiskussion mit: Prof. Dr. Ulrike Ackermann (John Stuart Mill Institut), Jens Jessen (Ressortleiter Feuilleton „Die Zeit“) und Alexander Kissler (Publizist und Autor), Moderation: Florian Felx Weyh

„Toleranz meint die Duldung dessen was man ablehnt. Sie verlangt zwingend eine eigene Haltung, einen eigenen Standpunkt“, schreibt der Publizist Alexander Kissler in einer Streitschrift, die er als Folge des Charlie Hebdo-Massakers niederschrieb. Tenor: Wir befinden uns auf dem gefährlichen Weg der Selbstaufgabe. Die zutiefst pazifistische deutsche Bürgergesellschaft nach 1945 hat im Grunde kein Instrumentarium, um mit Angriffen auf sich und ihre Grundordnung umgehen zu können. Gegengewlt verbietet sich – aber Verständnisinitiativen laufen bei radikalisierten Fanatikern ins Leere. Doch was sind eigentlich die Standpunkte des Westens, auf die man sich zurückziehen vermag? Religionsfreiheit, gewiss. Meinungsfreiheit aber auch. Wie löst man Konflikte zwischen beiden auf, wenn nicht durch Rechtsstaatlichkeit als formales Prinzip? Das hieße dann: Religiöse Karikaturen müssen ertragen werden, wie viele andere geschmacklosigkeiten der Moderne auch. Dieses zivilstaatliche Fundament hat sich der Westen über Jahrhunderte mühsam und durchaus nicht unblutig erkämpft.Dennoch gibt es auch ernst zu nehmende Stimmen, die sich von Charlie Hebdo distanzieren. Stehen wir also an einer Wegscheide zwischen gefährlicher Selbstaufgabe und mutiger Werteverteidigung? Unter Deutschlands Intellektuellen könnten die Positionen unterschiedlicher nicht sein.

Florian Felix Weyh